Seine Jugend verbrachte Ernst Papanek in der Reindorfgasse 17 im Arbeiterbezirk Rudolfsheim-Fünfhaus.
1925 heiratete Ernst Papanek Dr. Helene Goldstern, eine Ärztin aus einer reichen jüdischen Familie (ihr Vater besaß und leitete die angesehene Fango-Heilanstalt in Wien), die ähnlich sozialistisch orientiert und säkular war wie er.
Kurz nach der Geburt ihres Erstgeborenen zog die kleine Familie in ein Reihenhaus in der Antaeusgasse 46, das Ernst Papanek durch Beziehungen zur Partei mieten konnte.
1932 wurde Papanek als Obmann der Wiener Sozialistischen Jugend in den Wiener Gemeinderat gewählt, wo er besonders im Bildungsausschuss aktiv war.
Regelmäßig besuchte Lene Papanek ihren Mann mit den zwei Söhnen im Exil. Im Frühjahr 1935 zum Beispiel in Preßburg.
Immer Weihnachten und in den Sommerferien sah sich die ganze Familie Papanek, den Sommer 1935 verbrachten sie in Nieuport Bains in Belgien.
Nach einem kurzen Aufenthalt in Paris verbrachte die Familie gemeinsam mit den Kindern von Bekannten den Sommer 1938 in La Baule in der Bretagne.
Seit 1934 betrieb die OSE in Montmorency bei Paris ein Tagesheim für jüdische Flüchtlingskinder, in dem sie Kleinkinder aufpäppelte. Ernst Papanek übernahm die Leitung, bald kamen weitere Heime dazu.
Ernst Papanek heuerte fast 100 sozialistische Flüchtlinge an, um beim Renovieren der Heime zu helfen. Schwerpunkt lag auf der neu erstandenen Villa Helvetia, einem ehemaligen Hotel für wohlhabende Schweizer.
Auf zwei "Kindertransporten" reisten rund 200 Kinder im März 1939 nach Paris. Etwas mehr als die Hälfte kam aus Wien, der Rest aus Berlin, Frankfurt am Main und Mainz.
Ernst Papanek baute in wenigen Monaten ein beeindruckendes pädagogisches System auf, das man auch heutzutage noch als äußerst progressiv bezeichnen würde und das für seine Zeit geradezu revolutionär war. Zu den wichtigsten Elementen zählten ein bewusst anti-autoritärer Erziehungsstil, eine weitreichende Mitverwaltung der Kinder sowie psychologische Maßnahmen, damit die jungen Flüchtlinge ihre Traumata verarbeiten konnten.
Schon nach wenigen Wochen zeigte Papaneks Pädagogik Erfolg. Im April 1939 schrieb eine Besucherin in einem Brief: "Die Kinder machen einen unendlich glücklichen Eindruck."
Ernst Papaneks erklärtes Ziel war es, den Kindern ihre Kindheit zurückzugeben. Ein Mittel war dabei ganz besonders effektiv: Feste feiern. Ein Höhepunkt war der "Cirque Super Medrano", ein großes Zirkusfest am 14. Juli 1939, dem französischen Nationalfeiertag.
Die OSE-Kinder überraschten Ernst Papanek an seinem 39. Geburtstag mit einer großen Überraschungsparty.
In den ersten Septembertagen läuteten fast täglich die Alarmglocken - allesamt Fehlalarme. Einen tatsächlichen Luftangriff auf Frankeich gab es im Jahr 1939 nicht. Für sechs Monate kam es zu keiner Kampfhandlung, dann ging alles ganz schnell. Im Juni 1940 stand die Wehrmacht vor Paris.
Um 6:00 in der Früh weckte Ernst Papanek den Besitzer von Montintin in Südfrankreich, um das Schloss für die horrende Summe von 40.000 Francs zu mieten. Am Abend erreichten die evakuierten Kinder Montintin.
Ernst Papanek musste die Kinder verlassen, als sein Name auf einer Verhaftungslliste auftauchte. Die Familie kam in Montauban im Zimmer einer Cousine von Lene unter und blieb knapp zwei Monate in der Stadt, in denen sie versuchten, ihre abgelaufenen Visa für Amerika zu erneuern.
Nach neuntägiger Fahrt erreichten Ernst Papanek und seine Familie am 12. September 1940 New York - nach der langen Reise waren sie nun endlich in Sicherheit.
Eine Sozialarbeiterin vom Jewish Labor Committee unterstützte die Papaneks bei der Eingewöhnung und Behördengängen. Außerdem erhielten die Einwanderer vom Committee 90 Dollar monatlich - auch zur damaligen Zeit nicht gerade viel, um eine vierköpfige Familie über die Runden zu bringen.
Nach seinem Uni-Abschluss 1943 arbeitete Papanek zwei Jahre in der "Children's Aid Society" als Sozialarbeiter und Berater in Erziehungsfragen. Im selben Jahr zogen die Papaneks nach Queens, in ein kleines Häuschen mit Holzveranda im Stadtteil Elmhurst.
1945 trat Ernst Papanek seine erste große Stelle als Lecturer in Amerika an: Er wurde Direktor des Kinder- und Jugendhilfswerks des Unitarian Service Committees.
Im Frühjahr 1946 reiste Ernst Papanek zum ersten Mal seit seiner Flucht zurück nach Europa. Im Auftrag der Unitarier und der UNRRA - der Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen - verfasste Papanek einen umfangreichen Bericht über Flüchtlingslager und Kinderheime in Deutschland, Frankreich, Holland und der Tschechoslowakei.
Von 1949 bis 1958 leitete Ernst Papanek die Wiltwyck School for Boys, eine von Eleanor Roosevelt geförderte Schule für schwer erziehbare Jungen. Als erste Amtshandlung schaffte Papanek die Prügelstrafe ab - woraufhin einige Erzieher aus Protest kündigten.
Jeden Sommer veranstaltete Eleanor Roosevelt ein Picknick für die Wiltwyck-Schüler auf ihrem Anwesen Val-Kill in Hyde Park. Roosevelt servierte den gut hundert Jungen Hot Dogs, Maiskolben und Kartoffelsalat. Die frühere First Lady hatte persönlich Butter auf alle Brötchen geschmiert.
Im Lauf der Jahre entwickelte sich die Wohnung der Papaneks zur Anlaufstelle für österreichische Sozialisten. Bruno Kreisky, Franz Jonas, Bruno Pittermann oder Hans Mandl waren in unterschiedlichen Ämtern gern gesehene Gäste - und kamen auch noch, als sie bereits Kanzler oder Bundespräsident waren, bei jedem Besuch New Yorks in die Wohnung der Papaneks.
2021 erschien Lilly Maiers Biographie über Ernst Papanek - um dem vergessenen Pädagogen und Sozialisten seinen Platz in der Geschichte zurückzugeben. (Mehr dazu siehe hier.)