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Biographie

Ernst Papanek

Ernst Papanek kam im Jahr 1900 als Sohn einer jüdisch-kleinbürgerlichen Familie in Wien zur Welt. Schon früh begeisterte er sich für die sozialistische Bewegung und wandte sich zunehmend vom Judentum ab. Als junger Lehrer erlebte er die „Wiener Schulreform“ von Otto Glöckel hautnah mit und erlernte von seinem Professor und Parteigenossen Alfred Adler die Grundlagen der Individualpsychologie. Papanek unterrichtete in Schulen der Kinderfreunde und am Landerziehungsheim Harthof von Eugenie Schwarzwald und engagierte sich früh politisch. 1925 heiratete er Dr. Helene Goldstern, eine Ärztin aus einer reichen jüdischen Familie (ihr Vater besaß und leitete die angesehene Fango-Heilanstalt in Wien), die ähnlich sozialistisch orientiert und säkular war wie er.

In den 1930ern saß Papanek dann im Wiener Gemeinderat und war Vorsitzender der Sozialistischen Jugend, bis er nach den gewaltsamen Februarkämpfen 1934 gemeinsam mit der gesamten sozialdemokratischen Parteispitze Österreichs fliehen musste – gerade noch rechtzeitig, bevor ein Todesurteil gegen ihn verhängt wurde. Aus dem Exil half er, den Widerstand der illegalen Revolutionären Sozialistischen Jugend in Österreich zu organisieren, reiste während des Bürgerkriegs nach Spanien und schloss lebenslange Freundschaften mit Genossen, die später die Sozialdemokratie Europas prägen sollten: Bruno Kreisky, Franz Jonas und Willy Brandt. Ernst Papanek

1938 flüchtete Papanek mit seiner Familie nach Paris, wo er sich in neu errichteten Kinderheimen um jüdische Flüchtlingskinder kümmerte. In wenigen Monaten gelang es ihm, ein beeindruckendes reformpädagogisches System aufzubauen, das für seine Zeit geradezu revolutionär war. Nach der Eroberung großer Teile Frankreichs durch die Nationalsozialisten musste Papanek schweren Herzens seine Schützlinge verlassen, weil er als politischer Flüchtling von der Gestapo gesucht wurde und seine Anwesenheit die Kinder gefährdete. Der französische Widerstand schmuggelte die Papaneks über die Pyrenäen nach Spanien – auf derselben Fluchtroute, die später Heinrich Mann, Franz Werfel und Lion Feuchtwanger nehmen sollten.

Von Portugal ging es nach Amerika, wo Papanek tagsüber als Tellerwäscher arbeitete und nachts alles daran setzte „seine“ Kinder nachzuholen. 253 unbegleitete Flüchtlingskinder schafften es schließlich in die Vereinigten Staaten, wo sie jedoch gegen den vehementen Protest Papaneks voneinander getrennt und in Pflegefamilien untergebracht wurden. Der österreichische Pädagoge war seiner Zeit voraus und konnte sich nicht gegen das amerikanische Fürsorgesystem durchsetzen – die größte Enttäuschung seines Lebens. Ernst Papanek und Eleanor Roosevelt

Trotzdem blieb Papanek in New York und leitete später eine Schule für straffällige Jugendliche, die ein Herzensprojekt von der First Lady Eleanor Roosevelt war. Nach Kriegsende promovierte Papanek in New York mit einer Arbeit über Otto Glöckel und arbeitete bis zu seinem Tod als Professor für Pädagogik. Außerdem engagierte er sich weiter für die Sozialdemokratie und den Sozialismus und war Präsident der International Society of Adlerian Psychology. Schwerkrank reiste er 1973 mit seiner Familie nach Wien, um in seiner geliebten Heimatstadt zu sterben.

Ernst Papanek hat ein abenteuerliches Leben gelebt – immer getrieben von drei Maximen: seiner sozialistischen Überzeugung, seinem unerschütterlichen Optimismus und seinem Engagement für Kinder. „Trotz Nationalsozialismus und grausamer Diktatur haben wir nie aufgegeben, an die Menschlichkeit zu glauben“, schrieb Ernst Papanek 1965 in einem Brief an seine ehemaligen Schützlinge. „Ihr ward und ihr seid der Beweis für diesen Glauben.“


Ernst Papanek spricht

Zwischen 1959 und 1967 erzählte Ernst Papanek seinem Ghostwriter Edward Linn in zahlreichen Interviews von seinem Leben. In den auf Kassette aufgenommenen Gesprächen beschrieb Papanek auf Englisch, aber mit starkem österreichischen Akzent, die Grundlagen seiner Pädagogik.

1) Ernst Papanek erklärt, dass sich die jüdischen Flüchtlingskinder in den Heimen sehr wohl gefühlt haben, sobald sie anfingen, diese als „eine Gemeinschaft von Kindern“ und nicht als Heim anzusehen.

2) Ernst Papanek erklärt, warum er sich von seinen Schülern – und von seinen Söhnen – mit Ernst ansprechen ließ.